SPD-Fraktion: Schulen müssen gerechter, besser, digitaler werden – Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, wie sehr in Deutschland der Bildungserfolg von dem Elternhaus abhängt. Mit jedem Tag, den die Kinder in den letzten Wochen nicht die Schule besucht haben, wächst der Lernabstand zwischen den Kindern abhängig von ihrer Herkunft und ihrem Bedarf an Lernunterstützung. Betroffen sind vor allem die Kinder, die nicht das Glück haben, in eine Familie hineingeboren zu sein, in der ihre Eltern die Rolle von ErsatzlehrerInnen im sogenannten Homeschooling übernehmen können – weil sie aus finanziell benachteiligten Lebensverhältnissen kommen, nicht Deutsch als Muttersprache sprechen oder sonst mit den akademischen Bildungsinhalten nicht vertraut sind. Für Kinder aus Familien mit weniger Geld ist nicht selten schon der Zugang zu einem leistungsfähigen Computer oder Internetanschluss eine hohe Hürde – vom selbst organisierten Umgang mit digitalen Lernräumen oder schicken Lern-Apps ganz zu schweigen. Diesen SchülerInnen fehlt in beengten Wohnverhältnissen oft die angemessene Lernumgebung, ihnen fehlt die Struktur des Schulalltags und nicht zuletzt der unmittelbare Kontakt zu ihren Lehrern.
Darüber hinaus bringt die Corona Krise zum Vorschein, dass es nach wie vor viel zu wenige Lehrkräfte an hessischen Schulen gibt. Diese chronische Unterversorgung wird fortbestehen, da eine enorme Anzahl von Lehrkräften in den nächsten Jahren pensioniert wird.
Auch wenn die hessische Landesregierung das Hessische Schulgesetz ändert (LINK) und am 16. Juni einen neuen Gesetzesentwurf mit dem Titel „Gesetz über ein Corona-Kommunalpaket und zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der digitalen kommunalen Bildungsinfrastruktur an hessischen Schulen (Corona-Kommunalpaket-Gesetz)“ einbringt, bleiben etliche Problemlagen ungeklärt.
1. Mehr Lehrkräfte für Hessen!
Die Corona Krise zeigte insbesondere, dass es in Hessen zu wenige Lehrkräfte gibt. So sind knapp 12% aller Lehrkräfte über 60 Jahre alt und zählten damit in Zeiten dieser Pandemie zur Risikogruppen. Somit ergab und ergibt sich für die verbleibenden Lehrkräfte eine erhebliche Mehrbelastung. Es wurde mehr als deutlich, dass es nun kreative und pragmatische Konzepte braucht, um den steigenden Lehrerbedarf endlich bewältigen zu können und eine individuelle Förderung von Schülerinnen und Schüler möglich zu machen.
Somit wiederholt die SPD Fraktion Darmstadt sowie der Landtagsabgeordnete Bijan Kaffenberger an dieser Stelle die Forderung an das Land Hessen, endlich nachhaltig den faktischen Lehrkräftemangel zu bekämpfen und individuelle Förderung in der Schule zu ermöglichen.
2. Mehr Mittel für mobile Endgeräte!
Laut dem Digitalpakt sowie dem o.g. neuen Gesetz, sollen insgesamt 50 Millionen für mobile Endgeräte bereitgestellt werden. (37 Millionen Bund/ 13 Millionen Land). Dies stellt aus Sicht der SPD aber nur einen ersten Schritt dar, reicht aber bei Weitem nicht aus, um alle zu versorgen, die Unterstützung benötigen.
So hat die Corona Pandemie gezeigt, dass vor allem Kinder und Jugendliche aus einem benachteiligten Umfeld, den Anforderungen eines digitalen, auf homeschooling basierenden Unterrichts, oft nicht gerecht werden können. Dies liegt auf der einen Seite daran, dass Hardware Geräte wie Laptops, PCs oder Drucker nicht zur Verfügung stehen und auf der anderen Seite daran, dass kein dauerhafter Internetzugang gewährleistet ist. Um dieser Ungleichheit entgegen zu wirken, ist es unabdingbar, mobile Endgeräte leihweise zur Verfügung zu stellen und eine Lösung für fehlende Internetzugänge zu finden.
Die nun veranschlagten 50 Millionen reichen jedoch nur für circa 10-15 % der Schülerinnen und Schüler aus. Für Darmstadt bedeutet dies, dass der Schulträger circa 1,2 Millionen € bekommt, um bspw. Laptops zu finanzieren. Nimmt man an, dass ein Laptop circa 400€ kostet, dann könnten circa 3000 Laptops gekauft werden. Bei knapp 300000 Schülerinnen und Schüler (Tendenz steigend) bedeutet dies, dass nur knapp jeder/e 10. Schülerinnen und Schüler in Darmstadt ein solches Leihendgerät nutzen könnte.
Da es- Stand heute- nicht geklärt ist, wie die Schulträger die Mittel verteilen, ist die Gefahr groß, dass beispielsweise Kinder und Jugendliche aus Familien, deren Einkommen knapp über der Grundsicherung liegt sowie Kinder und Jugendliche von Alleinerziehenden mit geringem Einkommen leer ausgehen.
Daher fordert die SPD Fraktion zum einen die Stadt Darmstadt auf, schnellstmöglich alle vom Land bereitgestellte Mittel abzurufen und in mobile Endgeräte zu investieren. Zum anderen fordert die SPD Fraktion die Stadtregierung dazu auf, sich beim Land Hessen für weitere Gelder zum Kauf mobiler Endgeräte einzusetzen und eine echte Lernmittelfreiheit einzufordern.
3. Dienstlaptops und Fortbildungen für Lehrkräfte!
Die Corona Pandemie hat uns außerdem verstärkt vor Augen geführt, dass nicht nur Schülerinnen und Schüler häufig keine Endgeräte besitzen, sondern auch Lehrkräfte häufig nicht ausreichend digital ausgestattet sind. Manche Lehrkräfte sind zudem aus verschiedenen nachvollziehbaren Gründen mit der Aufgabe, kurzfristig digitalen Unterricht zu gestalten, überfordert.
Aus diesem Grund fordert die SPD Fraktion die Stadt und das Land auf, dafür zu sorgen, dass genügend mobile Endgeräte auch für Lehrkräfte zur Verfügung gestellt werden und zudem Fort- und Weiterbildungen im digitalen Lehren und Lernen vermehrt angeboten und genutzt werden.
4. Ein Schulportal für Hessen!
Eine weitere Erkenntnis der Pandemie ist, dass es in Hessen kein einheitliches, datenschutzkonformes Schulportal für alle Schulen gibt, welches sich vollumfänglich für homeschooolling eignet. So haben die Erfahrungen in letzter Zeit gezeigt, dass die Schulen sich selbst helfen mussten. Dies hat dazu geführt, dass verschiedenste Anwendungen genutzt wurden. (bspw. Microsoft 365, zoom, moodle, whatsapp, Big Blue Button, Lanis…)
Da die Server dieser Portale oft nicht in der EU stehen, ist es datenschutzrechtlich auf Dauer mehr als bedenklich, diese weiterhin für schulsensible Daten zu nutzen.
Aus diesem Grund fordert die SPD Fraktion die Stadtregierung dazu auf, sich beim Kultusministerium dafür einzusetzen, das Schulportal Lanis schnellstmöglich so weiterzuentwickeln, sodass Videokonferenzen, Chatfunktionen und das Uploaden von Daten (via moodle) problemlos und bedienbar funktionieren.
5. IT Support für Schulen erweitern!
Natürlich dürfen Schulen bei der Umsetzung dieser Vorhaben nicht alleine gelassen werden. In der Regel kümmern sich viele Lehrkräfte in ihrer Freizeit um den IT Support in der ihrer Schule. Dies stellt einen nicht zumutbaren Mehrumfang an Arbeitszeit dar.
Aus diesem Grund fordert die SPD Fraktion die Stadt Darmstadt auf, den personellen IT Support für Darmstädter Schulen massiv zu erhöhen. Im Idealfall soll es einen IT Beauftragten pro Schule geben, der nicht aus Reihen des Kollegiums stammt. Dieser/e soll dann für das Schulportal und die Hardware an Schulen verantwortlich sein.
6. W- LAN Offensive an Darmstädter Schulen
Damit digitales Lernen nicht nur von zu Hause stattfindet, ist es unabdingbar dafür zu sorgen, dass digitales Lernen und Medienkompetenzen auch in den Schulen vermittelt werden können. So verfügen nur 28 von 42 Schulen über einen W-LAN Zugang. Darüber hinaus ist es nicht auszuschließen, dass dieser nicht dauerhaft ist.
Daher fordert die SPD Fraktion die Stadtregierung zum wiederholten Male auf, endlich die baulichen und technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass alle Schulen in Darmstadt über W-Lan verfügen!
Konsequenzen für Darmstadt:
Diese 6 dargestellten Punkte offenbaren, dass wir auch in Darmstadt von einer echten Bildungsgerechtigkeit noch weit entfernt sind.
Damit in Zukunft die Herkunft nicht mehr über die Qualität der schulischen Bildung entscheidet, setzen wir uns für den Ausbau der Grundschulen in gebundene Ganztagsschulen ein. Wir brauchen 5 neue Grundschulen, die schnell geplant und realisiert werden müssen. Die nächsten zwei weiterführenden Schulen müssen nach unserem Verständnis integrierte Gesamtschulen werden.
Dazu muss es eine auskömmliche sonderpädagogische Grundversorgung an allen Schulen geben, die dem tatsächlichen Bedarf gerecht wird, ohne Lehrkräfte zusätzlich zu belasten. So wollen wir erreichen, dass durch bessere Rahmenbedingungen für alle Schülerinnen und Schüler auch alle von der schulischen Inklusion profitieren.
Das bedeutet, dass jede Schule in die Lage versetzt wird, bei Bedarf inklusiv zu arbeiten.
Die Darmstädter Berufsschulen müssen zu den besten Schulen der Stadt werden, um auch duale Ausbildungsgänge wieder wertvoller zu machen.
Dort wo kommunale Fördermittel vergeben werden, passiert dies in Zukunft nach dem Prinzip der Notwendigkeit, Bildungsungerechtigkeit auszugleichen und nicht nach dem Prinzip der Gießkanne.