1. Unisex-Toiletten + Unisex-(Einzel-)Umkleiden
Toiletten und Umkleiden in städtischen Gebäuden und Einrichtungen sind häufig an binären Geschlechterbildern orientiert. Immer wieder geraten trans* und inter* Menschen in Probleme, wenn sie diese Räume nutzen wollen und gezwungen werden, sich zwischen einer Toilette für Männer oder eine Toilette für Frauen zu entscheiden. Probleme entstehen bei Toiletten insbesondere dann, wenn eine Person nicht eindeutig männlich oder weiblich gelesen wird. Fehlende geschlechtsunabhängige Einzelumkleiden und Duschen stellen (durch die unvermeidbare Bloßstellung körperlicher Merkmale) eine unüberwindbare Herausforderung dar und schließen trans* und inter* Menschen von Veranstaltungen in solchen Räumlichkeiten faktisch aus.
Da das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass eine binäre Personenstandsregelung nicht der tatsächlichen Realität entspricht, und somit den Weg für einen dritten Geschlechtseintrag geebnet hat, fordern wir, dass in städtischen Gebäuden wie zum Beispiel Schulen, Bürgerhäusern und Sportstätten Alternativen zu binären Toiletten und Umkleideräumen eingerichtet werden.
Menschen sollen sich ungeachtet ihres Geschlechts in städtischen Gebäuden wohlfühlen können. Wo die räumlichen Gegebenheiten es jetzt schon möglich machen, wollen wir schnell entsprechende Toiletten und Umkleiden einrichten. Das wird nicht in allen Gebäuden sofort funktionieren, aber wir wollen einen festen Fahrplan aufstellen, damit alle Menschen in städtischen Gebäuden zur Toilette gehen und sich wo nötig umziehen können. Bei Neubauten werden wir prüfen, wie sich diese Bedürfnisse bereits im Bau umsetzen lassen.
2. Hilfe für LSBT*IQ Jugendliche
Im jungen Alter geschieht die sehr wichtige psychische Entwicklung und Identitätsfindung. Für Jugendliche, die in einer Familiensituation leben, in der ihre Identität nicht akzeptiert wird, werden sie durch Diskriminierung oder sogar körperliche Gewalt in dieser Findung möglicherweise eingeschränkt. Dies kann schwerwiegende psychische Traumata zur Folge haben.
Wir fordern Hilfe für LSBT*IQ Jugendliche, die von zu Hause aufgrund von Diskriminierung seitens der eigenen Familie dazu gezwungen sind, auszuziehen. Insbesondere fordern wir eine feste Ansprechperson im Jugendamt für LSBT*IQ Jugendliche, die für jene Jugendliche auch eine sichere Unterkunft in Kooperation mit Einrichtungen bzw. Trägern der Erziehungsberatung oder Jugendhilfe bereithält.
Queere Jugendliche sind eine der gefährdetsten Gruppen, wenn es um geistige Gesundheit und Gewalt im häuslichen Umfeld geht. Wir befürworten eine Anlaufstelle für LSBT*IQ Jugendliche im Jugendamt, an die sie sich vertrauensvoll wenden können und bei der sie in Krisensituationen akute Hilfe bekommen können. Dazu kann auch gehören, dass sichere Unterkunft vermittelt wird.
3. Queer-Sensible Schulsozialarbeit
Laut Antidiskrimierungsstelle des Bundes geben 94% der befragten Schüler_innen an, in den letzten 12 Monaten abfällige Bemerkungen über LSBT*IQ oder Schimpfwörter in ihre Richtung mitbekommen zu haben. Jede achte befragte Person gab 2017 sogar an, mindestens einmal körperliche Gewalt gegenüber LSBT*IQ-Personen beobachtet zu haben. Um die Ursachen zu bekämpfen, gibt es bereits ehrenamtliche Antidiskriminierungs- und Bildungsprojekte wie zum Beispiel SCHLAU – doch diese nur vereinzelt und lokal.
An Schulen mangelt es an Ansprechpersonen für queere Themen. Wir fordern daher LSBT*IQ-qualifizierte Ansprechpersonen an Schulen. Um der Diskriminierung entgegenzuwirken, fordern wir ebenfalls eine hauptamtliche Stelle für das außerschulische Bildungsprojekt SCHLAU in Südhessen.
Kinder und Jugendliche brauchen gute Beratung, Begleitung und Unterstützung. Die SPD bekennt sich zu dem Ansatz, Quartiere und Stadtteile sozialräumlich zu gestalten und auszubauen. Das gilt auch für die Schulsozialarbeit. Dies beinhaltet vor allem den Ausbau der Sozialarbeit sowie der Sozialraumplanung in den entsprechenden Quartieren und damit einer Aufwertung sozialpädagogischer Arbeit. Wir wollen eine enge Verzahnung von Schulsozialarbeit und Vereinen. Ansprechpersonen für queer-sensible Fragen können genauso Teil der sozialpädagogischen Arbeit sein. Wir werden die sozialräumliche Schulsozialarbeit ausbauen und die Anzahl der Stellen für die Schulsozialarbeit verdoppeln.
Die SPD steht hinter Initiativen wie dem queeren Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekt SchLAU, das in Projekttagen an Schulen für Respekt und Akzeptanz gegenüber lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender und intersexuellen Menschen wirbt. Wir unterstützen diese Projekte und wollen schon frühzeitig Diskriminierungserfahrungen vorbeugen. Wo eine hauptamtliche Koordination für SCHLAU in Südhessen angesiedelt werden kann, soll zwischen den Städten und Kreisen in Südhessen abgestimmt werden, damit auch die Finanzierung langfristig gesichert ist.
4. Inter*-Sensibilisierung in der Kinderbetreuung
Die geschlechtliche Identität von Kindern ist nicht immer eindeutig. Pädagog_innen und Erzieher_innen in Kindertagesstätten erleben dies zwar im Alltag der Kinderbetreuung, jedoch sind sie im Umgang damit nicht geschult bzw. professionell sensibilisiert. Das betrifft auch die Kommunikation mit den Eltern von inter* und trans* Kindern.
Wir fordern Bildungsangebote für Mitarbeitende in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen, um den Bedürfnissen von inter* und trans* Kindern gerecht zu werden.
Sensibilisierung zum Umgang mit inter* und trans* Kindern und ihren Eltern ist ein wichtiges Feld, um sowohl Kindern und Eltern, als auch dem Personal in den Einrichtungen Sicherheit zu vermitteln. Wir werden uns dafür einsetzen, dass sowohl für das Personal in städtischen Einrichtungen als auch bei den freien Trägern Weiterbildungsangebote entstehen. Da die Herausforderungen und die Ansprüche an die Erzieher*innen kontinuierlich steigen, setzen wir uns für eine bessere Bezahlung ein. Die SPD fordert die Eingruppierung der Erzieher*innen in die Entgeltgruppe 8b statt wie bisher 8a. Je nach Erfahrungsstufe verdienen Erzieher*innen dann bis zu 5500 Euro mehr im Jahr.
5. LSBT*IQ-Flüchtlinge
Queere Geflüchtete in Darmstadt suchen häufig Rat, weil sie in den Gemeinschaftsunterkünften mit Homo- und Transfeindlichkeit konfrontiert sind. Öffentliche Stellen im Asyl- und Ausländerwesen sind zudem oftmals nicht ausreichend geschult und zeigen wenig Verständnis für die spezifischen Bedarfe von LSBT*IQ Geflüchteten. Die Arbeit für Rainbow Refugees von vielbunt braucht die Stadt als Partner auf Augenhöhe.
Wir fordern eine adäquate Unterbringung für LSBT*IQ Flüchtlinge und eine umfassende Sensibilisierung für alle städtischen Angestellten im Arbeitsbereich Asyl- und Ausländerwesen. Gerade im Sozialamt braucht vielbunt eine Ansprechperson, um Anliegen queerer Flüchtlinge gemeinsam bearbeiten zu können.
Die Bedürfnisse queerer Menschen sind in vielen Teilen der Stadtverwaltung und Stadtwirtschaft noch nicht so verankert, wie es nötig wäre. Die SPD wird die Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung und Stadtwirtschaft für die Probleme der queeren Community sensibilisieren. Dafür werden wir in einem ersten Schritt Fortbildungen anbieten. Integration muss stärker als Querschnittsaufgabe in der Verwaltung verankert werden. Die SPD wird daher die städtische Integrationsstrategie fortschreiben. Die Angebote verschiedener lokaler Träger sollen darin stärker miteinander verknüpft werden. Entscheidende Grundlage für die Strategie ist die Sichtweise der Betroffenen. Der Erfahrungsschatz der Flüchtlingshilfe in den letzten Jahren soll miteinbezogen und ein Integrationsmonitoring aufgebaut werden. Zentraler Dreh- und Angelpunkt dafür wird das Interkulturelle Büro sein.
6. Barrierefreiheit im Queeren Zentrum
Das Queere Zentrum Darmstadt soll eine Anlaufstelle für alle queeren Menschen und ihre Anliegen sein. Personen mit einer körperlichen Beeinträchtigung können jedoch nicht ohne fremde Hilfe das Gebäude betreten aufgrund der Treppensituation. Ebenfalls gibt es keine Toilette, die mit einem Rollstuhl benutzt werden kann. Somit führen die räumlichen Gegebenheiten zu einer Diskriminierung und einem Ausschluss von Menschen mit körperlichen Einschränkungen.
Wir fordern deshalb eine erweiterte Barrierefreiheit für das Queere Zentrum, mindestens durch einen rollstuhlgerechten Zugang und eine rollstuhlgerechte Toilette, ebenfalls aber durch das Hinzufügen eines taktilen Leitsystems, induktiven Höranlagen und sonstigen Einrichtungen.
Bei der Gestaltung des öffentlichen Raums in Darmstadt ist die Barrierefreiheit nicht gegeben. Dies betrifft vor allem bauliche Aspekte von Plätzen, die Haltestellen für den ÖPNV und öffentliche Toiletten, aber auch Aufzüge und Ampelanlagen mit fehlenden akustischen und taktilen Signalgebern. Bei Plätzen und Haltestellen fehlen darüber hinaus Blinden-Leitsysteme und Zugangsmöglichkeiten für Rollstuhlfahrer*innen und stark gehbehinderte Menschen. Auch sind einige Sportstätten, Kultureinrichtungen, Schulen und städtische Kitas nicht für alle nutzbar. Die SPD wird daher einen Bedarfsplan für Barrierefreiheit erstellen, aus dem sich die umzusetzenden Sanierungsmaßnahmen ergeben. Das Queere Zentrum soll darin mitaufgenommen werden.
7. Diskriminierungsfreie Sprache
Das generische Maskulinum blendet in der deutschen Sprache Menschen, die nicht männlich sind, aus. Somit werden Menschen, die weiblich, inter* oder nichtbinär sind, nicht nur sprachlich ausgeschlossen, sondern können bei vielen Formularen auch nicht ihr Geschlecht ankreuzen. Die Stadt muss jedoch Menschen jedes Geschlechts diskriminierungsfrei entgegentreten, insbesondere nicht nur Männern und Frauen.
Wir fordern, dass die Stadt grundsätzlich eine diskriminierungsfreie Sprache anwendet, die Menschen aller Geschlechter einen Zugang schafft und anspricht.
Die Stadt hat eine Vorbildfunktion und muss in ihrem Handeln Geschlechtervielfalt berücksichtigen. In Formularen soll zumindest die sog. dritte Option angeboten werden. In Publikationen der Stadt werden wir konsequent den Gender* verwenden. Auch bei diesem Thema wollen wir durch die zu schaffenden Bildungsangebote für die Stadtverwaltung einen Beitrag leisten, dass alle Menschen sich von der Stadt Darmstadt angesprochen und wertgeschätzt fühlen.
Diskriminierung soll aber nicht nur sprachlich, sondern auch bei Bewerbungen für Stellen verhindert werden. Die SPD wird die Stadt zu einem Vorbild entwickeln und zukünftige Bewerbungsverfahren anonymisieren. Anonymisierte Bewerbungsverfahren legen den Fokus auf die individuellen Qualifikationen und blenden Merkmale mit Diskriminierungspotenzial aus.
8. Partnerstädte
Selbstverständnis zur Antidiskriminierung bei Städtepartnerschaften: Diskriminierung von queeren Menschen findet nicht nur in Darmstadt statt, sondern weltweit. Auch in Europa stehen einige Länder gerade vor der Situation, dass Rechte von queeren Menschen eingeschränkt werden und diese auch auf lokaler Ebene politisch diskriminiert werden. Ein Beispiel sind die sich etablierenden sogenannten “LGBT-ideologiefreien Zonen” in Polen oder die Beschneidung der Rechte von trans* Menschen in Ungarn,
Wir fordern die Formulierung eines Selbstverständnisses für den Umgang mit solchen Vorfällen in Partnerstädten und eine Zusammenarbeit mit diesen für eine diskriminierungsfreie Lebenssituation von queeren Menschen.
Städtepartnerschaften sind ein wichtiges Instrument um zivilgesellschaftliche Vernetzung zwischen Städten zu ermöglichen. Wir als SPD tolerieren keine queerfeindlichen Tendenzen und Maßnahmen in unseren Partnerstädten und wollen, dass die Stadt sich dazu klar positioniert. Im Rahmen der Städtepartnerschaften wollen wir auch eine Vernetzung von queerpolitischen Akteur*innen in Politik und Zivilgesellschaft ermöglichen.