Problemanalyse zeigt zahlreiche Barrieren auf, die Menschen vom zentralen Platz ausschließt
Der Luisenplatz ist der zentrale Platz in Darmstadt und der wichtigste Verkehrsknotenpunkt. Fast alle Bus- und Straßenbahnlinien kreuzen ihn und er beherbergt mit dem Langen Ludwig eines der Wahrzeichen Darmstadts. Trotzdem können ihn viele Menschen nicht nutzen. Der Luisenplatz ist voller Hindernisse und nicht barrierefrei. Nun hat die SPD die Probleme analysiert, aus der sich eine klare Konsequenz ergibt: Der Luisenplatz muss dringend umgestaltet werden. Dafür hat die SPD acht Leitideen entwickelt. So fordert die Partei einen vibrationsarmen Belag, die Einrichtung eines Blindenleitsystems, das Freiräumen von Hindernissen, die barrierefreie Neuordnung der Haltestellen, eine architektonische Neugestaltung, die Herstellung von Flächen für Außengastronomie, die vereinzelte Anlage von Bäumen im Randbereich sowie eine Fassadenbegrünung von Haltestellen und der umliegenden Gebäude, insbesondere des Luisencenters.
„Der Luisenplatz ist zentral und trotzdem für viele Menschen praktisch nicht nutzbar“, sagt der SPD-Vorsitzende Tim Huß. „Das Kopfsteinpflaster, das fehlende Blindenleitsystem, die veralteten Haltestellen sowie Ketten, Stehlen und Infotafeln sind für einige Menschen unüberwindbare Barrieren. Dadurch wird die Teilhabe von Menschen mit Behinderung und Mobilitätseinschränkungen stark einschränkt. Wir wollen den Luisenplatz grundsätzlich neugestalten und dabei die Aspekte Aufenthaltsqualität, Begrünung und natürlich Barrierefreiheit in den Vordergrund stellen.“
Wo die Probleme liegen, hat Carolin Simon nun untersucht und skizziert. Simon ist im SPD-Spitzenteam und arbeitet in einem Darmstädter Planungsbüro. „Wir wollen dem Luisenplatz eine neue Dynamik und Individualität geben“, sagt Simon. „Er soll für alle Menschen nicht mehr nur ein stressiger Umsteigepunkt sein, sondern ein Ort, an dem man sich gerne aufhält, mit neuen urbanen Qualitäten. Dabei muss das Thema Inklusion und Universal Design immer klarer Bestandteil der Planungen sein. Wir gestalten Plätze und Straßen für die nächsten Jahrzehnte, wenn nicht länger. Dieser Aufgabe müssen wir durch gründliche und vorausschauende Planung gerecht werden. Nur inklusive Planung ist auch soziale Planung. Der Luisenplatz ist eine Herausforderung. Aber er kann so viel mehr!“
Die Platzgestaltung legt derzeit den Fokus auf einen geometrischen Bodenbelag, dessen Zusammenhang jedoch nur von oben ersichtlich wird. Das Muster reagiert nicht auf die Schienen und Busspuren. „Es gibt weder visuelle noch taktile Leitsysteme, die Menschen mit Seheinschränkungen sicher über den Platz navigieren“, sagt Simon. „Die Oberfläche ist durch das kleinteilige Pflaster uneben und bei Regen rutschig. Das macht es Menschen mit Mobilitätseinschränkungen schwer, den Platz zu passieren.“
Ein übergeordnetes Problem für Menschen mit Mobilitäts- und Seheinschränkungen stellen zudem die zahlreichen Hindernisse auf dem Platz dar. „Ein klares Konzept für die Stadtmöbel wäre hier nicht nur optisch eine Verbesserung: Die Bündelung von Funktionen im Sinne des Universal Design sowie eine klare Zonierung der verschiedenen Nutzungen tragen zur besseren Orientierung bei“, so Simon. Dazu braucht es zwingend ein übergeordnetes Leit- und Orientierungssystem.
Die Haltestellen bieten bei schlechtem Wetter zu wenig Unterstellmöglichkeiten. Zudem ist nicht auf Anhieb ersichtlich, wo eigentlich welche Bahn oder welcher Bus fährt. „Wir brauchen großzügigere und klar zugewiesene Haltepunkte“, fordert Simon. „Der Einstieg in Bus und Bahn ist ebenfalls ein großes Problem. Im Moment ist er nicht barrierefrei möglich. Ob eine Lösung auf dem Platz denkbar wäre oder eine Entzerrung der Haltepunkte in die umliegenden Räume notwendig wird, müssen wir untersuchen. Möglicherweise muss eine Haltestelle in die Obere Rheinstraße oder die Untere Luisenstraße verlegt werden.“
Konkret will die SPD bei der Neugestaltung des Luisenplatzes acht Leitideen anwenden. „Die ersten vier Leitideen betreffen den wichtigsten Punkt, die Herstellung von Barrierefreiheit“, sagt Huß. „Dazu gehört ein vibrationsarmer Bodenbelag für mobilitätseingeschränkte Menschen. Für seheingeschränkte Menschen brauchen wir ein Blindenleitsystem und eine Reduktion des Stadtmobilars, also weniger Hindernisse auf den gängigen Laufwegen. Am kompliziertesten ist die Herstellung eines barrierefreien ÖPNVs. Hierfür müssen wir mehrere Optionen untersuchen: Die Herstellung von Niederflurhaltestellen an zwei der drei Haltestellen, die Verlagerung von Haltestellen in die Zulaufstraßen und die Nachrüstung der Fahrzeuge mit automatischen Rampensystemen. Alle Optionen haben Vor- und Nachteile und müssen genauer untersucht werden.“
Die weiteren vier Leitideen betreffen die Erhöhung von Aufenthaltsqualität und Flora. „Eine architektonische Neugestaltung kann schon etwas ausmachen. Wir schlagen darüber hinaus vor, auch explizit Flächen für die Außengastronomie vorzusehen, um dem Platz nach Corona neu zu beleben. Konflikte mit Anwohnerinnen und Anwohnern gibt es hier nicht“, sagt Huß. „Darüber hinaus sollen einzelnen Baumstandorte im Randbereich geprüft sowie die Fassadenbegrünung von Haltestellen und Gebäuden angegangen werden. Ein komplett eingepflanztes Luisencenter mag eine Zukunftsspinnerei sein, aber eine solche Oase mitten im Zentrum wäre ein Meilenstein für den klimaresilienten Umbau unserer Stadt.“
Nachdem der 2016 beschlossene Ideenwettbewerb für die Innenstadt bis heute nicht stattgefunden hat, erhofft sich die SPD einen neuen Impuls für die Innenstadtentwicklung. „Bei allen Schwierigkeiten, die der Luisenplatz mit sich bringt: Die Gestaltung ist ein soziales Problem, das nicht ständig ausgeklammert werden darf. Auch mit Blick auf den Einzelhandel hilft eine echte Aufwertung mehr als jeder Appell des Oberbürgermeisters.“ Der Denkmalschutz steht dem nicht im Wege, auch wenn das immer wieder behauptet wird. „Der Luisenplatz steht schon lange unter Denkmalschutz, aber als Gesamtanlage“, so Huß. „Daher wurde er im Laufe der Jahrzehnte immer wieder umgebaut. Wir wollen jetzt das große Rad drehen und einen Luisenplatz für Alle schaffen.“