Eigentlich sind Kommunen verpflichtet, alle fünf Jahre einen Schulentwicklungsplan vorzulegen. So will es das Hessische Schulgesetz. Doch daran hält sich Darmstadts Schuldezernent Rafael Reißer (CDU) in seiner Amtszeit nicht. Am 9. Dezember 2010 wurde der letzte Schulentwicklungsplan für Allgemeinbildende Schulen in der Sekundarstufe von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Dabei führen steigende Geburten und Zuzüge zu einem dramatisch wachsenden Schulbedarf.
„Zehn Jahre Schulentwicklungsplan – das ist ein sehr trauriges Jubiläum und kein Grund zum Feiern“, sagt der Darmstädter SPD-Vorsitzende Tim Huß. „Dem Schuldezernenten ist es in seiner fast zehnjährigen Amtszeit nicht gelungen, die gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen und auch nur einen vollständigen Schulentwicklungsplan vorzulegen. In der Konsequenz zeichnet sich ein dramatischer Schulmangel in Darmstadt ab, von dem eine ganze Schülergeneration betroffen sein wird.“
Bereits im Sommer 2019 hat die SPD ausgerechnet, dass steigende Geburtenzahlen und Zuzüge zu einem Bedarf von fünf neuen Grundschulen führen. Am 2. April 2020 beschlossen die Stadtverordneten mit über fünf Jahren Verspätung einen Teilplan für die Grundschulen, der diesen Bedarf bestätigte. Neue Grundstücke wurden seitdem nicht erworben, lediglich die Standorte Lincoln-Siedlung und Ludwigshöhviertel sind schon länger bekannt. „Im Jahr 2022 fangen die geburtenstarken Jahrgänge an, an die Grundschulen zu strömen. Wir wissen heute schon, dass das nicht reichen und zu Containerunterricht führen wird. Die Schulen müssen ja noch gebaut werden“, so Huß.
Neben dem Bau von fünf neuen Grundschulen fordert die SPD nun den Bau von zwei weiterführenden Schulen. „Mit vier Jahren Verzögerung, im Jahr 2026, strömen die geburtenstarken Jahrgänge in die Sekundarstufe I, auch das ist bekannt und vorhersehbar“, sagt Huß. „Wir müssen schon jetzt mit den Planungen für zwei weiterführende Schulen anfangen, um den Bedarf langfristig zu decken. Dies wird ungleich schwerer, da der Platzbedarf größer ist.“ Die SPD schlägt vor, diese Schulen als Integrierte Gesamtschulen zu konzipieren.
Noch älter ist derweil der Berufsschulentwicklungsplan. Der aktuelle Plan wurde am 12. Oktober 2006 beschlossen und seitdem von Herrn Reißer nicht mehr fortgeschrieben. Bemühungen, eine gemeinsame Linie mit Nachbarkommunen zu fahren, sind allesamt gescheitert. „Die Arbeitswelt hat sich seit 2006 dramatisch verändert, vor allem durch die Digitalisierung und Technologisierung“, sagt der stellvertretende SPD-Vorsitzende und Schulpolitiker Tobias Reis. „Die Ausstattung vieler Berufsschulen ist bei weitem nicht auf dem aktuellen Stand und muss generalüberholt werden. Wir brauchen schnellstmöglich einen neuen Berufsschulentwicklungsplan, der die Frage beantwortet: Wie müssen wir Berufsschulen aufstellen und ausstatten, um Auszubildende bestmöglich auf die digitale Arbeitswelt vorzubereiten?“
Weiter sieht Reis erheblichen Planungsbedarf beim Großprojekt Berufsschulzentrum Mitte. „Immer wieder verkündet Herr Reißer Änderungen und Neuerungen, es passiert aber seit vielen Jahren nichts“, kritisiert Reis. „Seit Ewigkeiten liegt das Hauptaugenmerk auf dem Berufsschulzentrum Nord. Doch auch die restlichen Berufsschulen brauchen langsam Planungssicherheit. So lässt sich ein Schulbetrieb nicht steuern. Wir brauchen Sanierungspläne für alle Standorte mit klaren Übergangslösungen und transparenter Kommunikation mit der Schulgemeinde.“
Die SPD will in diesem Jahrzehnt, anders als der Magistrat im vergangenen, einen Schwerpunkt auf die Schulentwicklung setzen. „Eigentlich müsste Herr Reißer als hoffentlich letzte Amtshandlung seinen zweiten Schulentwicklungsplan vorlegen. Er hat es aber noch nicht mal zu einem geschafft“, sagt Huß. „Dabei braucht es für eine erfolgreiche Zukunft Bildung, Bildung und nochmal Bildung. Dafür setzt sich die SPD mit Nachdruck ein“, so Reis abschließend.