Grüne und CDU haben in Darmstadt die ersten Auszüge aus ihrem neuen Koalitionsvertrag präsentiert. „Schon die vorgestellten Eckpunkte des Koalitionsvertrages sind ideen- und innovationslos“, sagt der SPD-Fraktionssprecher Michael Siebel. „Die zentralen Ankündigungen sind allesamt alte Projekte, die seit fünf Jahren nicht umgesetzt wurden. Neu ist lediglich die Forderung, Darmstadts Bürger stärker zu überwachen. Bis jetzt ist der Koalitionsvertrag ein Ankündigungsvertrag mit ungedeckten Schecks und einer gehörigen Portion Bürgerkontrolle.“
Siebel begrüßte die Forderung, 10.000 Wohnungen zu bauen. Auch die Einlassung, 45% der Wohnungen als Sozialwohnungen oder Wohnungen für mittlere Einkommen zu bauen, ist richtig und war ursprünglich von der SPD gefordert worden. „Bisher ist diese Quote aber in noch keinem Einzelprojekt realisiert worden“, sagt Siebel. „In der Lincoln-Siedlung hat Grün-Schwarz es nicht geschafft, nächste Nagelprobe wird das Echo-Gelände sein. Außerdem ist die Finanzierung ungeklärt. Nach Berechnungen der SPD müsste die Stadt 140 Millionen Euro in vier Jahren auf den Tisch legen, um diese Wohnziele zu erreichen. Bei den letzten Haushaltsberatungen hatte die Koalition einen Antrag der SPD, fünf Millionen Euro für Sozialwohnungen in den Haushalt einzustellen, noch abgelehnt.“
Dabei ist jetzt auch Uffbasse mit in der Verantwortung. Durch die Entscheidung, Personal und Haushalt der grün-schwarzen Koalition mitzutragen, ist die Wählervereinigung auch für die politischen Inhalte mitverantwortlich. „Es wird Uffbasse nicht gelingen, die Koalition in den wichtigsten Fragen zu stützen und sich gleichzeitig inhaltlich zu distanzieren. Wir sind gespannt, ob sie beispielsweise einem Haushalt zustimmen, der Mittel für den Ausbau der Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen vorsieht“, so Siebel. Mit der Einlassung, den Haushalt mitzutragen und die Dezernenten der Koalition mit zu wählen, ist eine Quasi-Koalition geschlossen. Bereits jetzt zeigt sich Uffbasse als wichtigste Stütze der Darmstädter CDU.“
Die rückständige Ausrichtung der Koalition ist besonders bei der Position zur Videoüberwachung deutlich geworden. „Wie gerade die Grünen und Uffbasse das ihren Wählerinnen und Wählern erklären wollen, bleibt deren Geheimnis“, sagt Siebel. Die SPD lehnt die Überwachung der Bürgerinnen und Bürger strikt ab. „Darmstadt ist Hessens sicherste Großstadt und braucht keine Regierung, die ihre Bürger stärker überwachen will. Im Wahlkampf hat Grün-Schwarz mit Weltoffenheit geworben. Drei Monate nach der Wahl stellt sie die Bürger unter Generalverdacht. Nach den Vorfällen rund um das Hessen-Derby und der jetzt angekündigten Ausweitung der Videoüberwachung müssen wir davon ausgehen, dass der Politikstil in Zukunft autoritärer sein wird. Die SPD ist gegen eine zusätzliche Überwachung und tritt für einen liberalen, emanzipatorischen Stil ein.“
Zu den tatsächlich relevanten Problemen in Darmstadt sagt Siebel: „Wie 2011 werden dieselben Großprojekte angekündigt, ohne darzulegen, wie die Stadt dahin kommen soll. Da weder beim Stadion, noch beim Nordbad, noch beim Berufsschulzentrum auch nur der Grundstein gelegt wurde, muss die Koalition zeigen, wie sie das alles organisieren, finanzieren und realisieren will. Irgendwann wollen die Bürgerinnen und Bürger auch Ergebnisse sehen und nicht nur Versprechungen hören.“ Das gilt vor allem bei den Schwerpunktthemen der SPD, Wohnen und ÖPNV.
Erfreut zeigte sich Siebel, dass der Ausbau des Radwegenetzes und endlich der ÖPNV „auf der Agenda“ der Koalition stünden: „Das Verkehrschaos steht schon fünf Jahre lang auf der Agenda. Gelöst ist keins der Probleme. Ein Sozialticket ist bisher blockiert worden, Radwege und Straßen sind in einem erbärmlichen Zustand und ein Gesamtkonzept für einen neuen Verkehrsmix ist nicht sichtbar“.
Auf Unterstützung stößt die Forderung der Koalition, die Schulkinderbetreuung auf 100% auszubauen. „Noch schöner wäre, wenn die Koalition auch mehr gebundene Ganztagsschulen in Darmstadt realisieren würde“, sagt Siebel.
„Wir werden als größte Oppositionspartei unsere Aufgabe wahrnehmen, die Stadtregierung kritisch, aber auch konstruktiv zu begleiten und zu kontrollieren. Wir haben dies in den ersten Monaten mit Fragen zum stillstehenden Klimaschutzkonzept getan. Wir werden einen Vorschlag zur Weiterentwicklung der Industriepolitik in Darmstadt und zur Entwicklung des Radverkehrs auf unserem Parteitag am Wochenende machen. Was gut gemacht wird, werden wir unterstützen, aber wir werden unsere Finger in die Wunden legen, wo nichts passiert oder Fehlentwicklungen drohen. Wir werden das soziale Gewissen des Stadtparlaments sein und für den Zusammenhalt in dieser Stadt eintreten“, so Siebel abschließend.