Die Coronakrise wirkt sich für Kinder im Kita- und Grundschulalter generell als besonders problematisch aus: sie verschärft Chancenungleichheit in diesem wichtigen Bildungsabschnitt, sie führt zu physischen und psychischen Problemen durch Bewegungsarmut und familiären Stress. Hinzukommt, dass Kinder aus Flüchtlingsfamilien die eben erst erworbenen deutschen Sprachkenntnisse durch Nichtanwendung wieder verlernen. Die „wachsweiche“ hessische Schulpolitik mit aufgehobener Präsenzpflicht: „Eltern können Ihre Kinder in die Schule schicken, aber besser nicht“ verschiebt die Entscheidungs- und Bildungsverantwortung alleinig auf die Eltern. Nicht nur, dass nun von den Eltern eine intensive Auseinandersetzung und Abwägung mit den gesundheitlichen Risiken abverlangt wird, sondern ihnen wird auch anheimgestellt, zu entscheiden und zu bewerten, ob sie sich in der Lage sehen, das Homeschooling ihrer Kinder zu begleiten. Dies erweist sich für Familien aus sog. „bildungsfernen“ oder die einfach nur der Deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sind, als schier unmöglich.
Im Stadtteil Eberstadt-Süd, wo besonders viele benachteiligte Familien leben und unter denen laut Sozialatlas viele alleinerziehende Mütter sind, nehmen (DE vom 13.1.2021) in der Willhelm-Hauff-Schule lediglich 19 von 250 Grundschulkindern die Möglichkeit des hessischen „Präsenzunterrichts light“ wahr. Die Lehrkräfte müssen an die weiteren 231 Schüler*innen Arbeitsblätter selbst austragen und darauf hoffen, dass jemand in den Familien die Kinder zum Lernen anhalten kann. Zu Recht wird (DE vom 13.1.2021 “Lesen lernen auf der Baustelle“) die Situation aufgrund eines fehlenden funktionstüchtigen Schulgebäudes an sich schon als problematisch bis unzumutbar gesehen. Dass die vorgesehenen Container für die eigentlich zu beschulenden 250 Grundschüler*innen schlicht nicht rechtzeitig einsetzbar sind – kann man fast nur zynisch kommentieren mit „Corona sei Dank“ sind es zurzeit nur 19 zu beschulende Schüler*innen vor Ort. „Diese Zustände nehmen wir als unzumutbar wahr“.
Die SPD-Fraktion und der SPD-Vorstand kritisieren dieses Desaster der städtischen Schulpolitik scharf und mahnt an: Die an sich schon kaum hinnehmbaren gravierenden Folgen der Coronakrise werden durch diese nachlässige, fast gleichgültig zu nennende verfehlte Politik der Verantwortlichen im Dezernat – Bürgermeister Reißer – sowie in Schul- und Bauamt in dem Maße verschärft, dass Kinder vollends „abgehängt“ werden und somit der Anspruch auf Bildung und Chancengleichheit leer läuft. Obendrein werden Lehrkräfte von der hessischen Landespolitik unzumutbaren Arbeitsbedingungen und Mehrfachbelastungen ausgesetzt.
Die SPD fordert ein umgehendes Konzept der verantwortlichen Politik, wie – besonders in Eberstadt – der Bildungskrise an den Grundschulen begegnet werden soll. Schon seit dem Ende der Weihnachtsferien hätten Möglichkeiten geschaffen werden können, um mehr Familien wenigstens die Entlastung mit dem hessischen „Präsenzunterricht light“ anbieten zu können. Einige Schulleitungen – unter zu Hilfenahme von Formularvordrucken aus dem Hessischen Kultusministerium – waren im Gegenteil, wie Betroffene berichten, besonders bemüht, den Eltern den Schulbesuch der Kinder auszureden bzw. gar nicht erst anzubieten, wobei doch laut Ministerium „für Schülerinnen und Schüler ohne bzw. mit geringen Deutschkenntnissen, die in Intensivkursen an Grundschulen bzw. Intensivklassen der Jahrgangsstufen 1 bis 6 beschult werden, nach Möglichkeit eine durchgehende Teilnahme am Präsenzunterricht vorzuzusehen ist, weil bei ihnen von einem besonderen Unterstützungsbedarf auszugehen ist”.
Da bei dem momentanen Infektionsgeschehen davon auszugehen ist, dass auch Infektionsfälle in Schulen hereingetragen werden können, fordern wir zum Schutze der LuL und SuS ein „niedrigschwelliges“ Schnelltestangebot. FFP2-Masken für Kinder könnten ebenso angeboten werden. Letztlich dürfen aber auch die Grundschulen nicht dauerhaft einfach von der Möglichkeit einer online-Beschulung ausgenommen werden, zumal es durchaus kindgerechte Programme dafür bereits gibt. Die schon überfällige Ausstattung vieler Schulen mit WLAN und die Ausstattung der Kinder mit digitalen und sofort funktions- und einsatzfähigen Endgeräten – samt Schulung der Eltern und Lehrkräfte im Gebrauch – sollte in einer Digital- und Wissenschaftsstadt durchaus der Bildungsanspruch sein, wobei im Grundschulalter jedoch die klare Priorität auf der Möglichkeit des Präsenzunterrichtes liegen sollte.