300 Euro im Jahr für Bus und Bahn – mehr soll nach dem Willen der SPD niemand mehr in Darmstadt zahlen müssen. Gleichzeitig soll das Angebot erheblich verbessert werden. Auf einer Pressekonferenz in der Straßenbahnlinie 3 hat der designierte SPD-Vorsitzende Tim Huß heute ein umfassendes Paket für eine ÖPNV-Wende vorgestellt. Finanziert werden soll das Paket vor allem über eine Unternehmensabgabe.
„Ein günstiger, klug ausgebauter ÖPNV ist zwingend notwendig für die Verkehrswende in Darmstadt“, sagt Huß. „Wir wollen den Verkehr mit riesigen Ambitionen umkrempeln und setzen dabei auf einen hochattraktiven Nahverkehr. Wir wollen Menschen in die Lage versetzen, freiwillig auf den ÖPNV umsteigen zu können. Dafür müssen Verbindungen attraktiver und die hohen Kosten gesenkt werden. Unser Paket aus 300 Euro-Ticket und Taktverdichtungen ist der erste soziale Beitrag zur Verkehrswende.“
Der ÖPNV und die Luftqualität leiden unter der dramatischen Unterfinanzierung des ÖPNVs. „Wir brauchen mehr Geld im ÖPNV-System“, sagt Huß. Bisher werden nur zwei Säulen der ÖPNV-Finanzierung angezapft: Ticketverkäufe und öffentliche Zuschüsse. Eine dritte Säule stellen sogenannte ÖV-Abgaben dar. Um diese Säule anzapfen zu können, muss die Landesregierung grünes Licht geben. „Unternehmen profitieren im hohen Maße von einem guten ÖPNV. Es ist daher nur gerecht, wenn sie sich mit einem angemessenen Betrag an den Kosten beteiligen“, sagt Huß. Die SPD schlägt eine Unternehmensabgabe von 7 Euro pro Arbeitsplatz und Monat vor. Damit würden 10 Millionen Euro ins ÖPNV-System gespült werden. Verweigert die Landesregierung die Zustimmung, kann die Unternehmensabgabe über die Gewerbesteuer eingezogen werden.
Die Kosten für ein 300 Euro-Ticket belaufen sich nach eigenen Berechnungen auf drei Millionen Euro im Jahr. Weitere sieben Millionen Euro will die SPD in die Verbesserung des Angebots investieren. Dazu gehören neben Taktverdichtungen auch mehr Verbindungen in Stadt und Kreis. „Wir brauchen einen viel größeren Handlungsspielraum, den ÖPNV an die Bedürfnisse der Menschen anzupassen“, sagt Huß. „Ein günstiges 300 Euro-Ticket ist gut und notwendig. Bus und Bahn können aber erst ihr Potential entfalten, wenn die Menschen ohne großes Umsteigen flexibel von A nach B kommen können. Wir streben mittelfristig einen 10 Minuten-Takt statt den jetzt üblichen 15 Minuten-Takt an.“
Gleichzeitig stellt die SPD klar, dass die Einnahmen der Parkraumbewirtschaftung der Verkehrswende zugutekommen müssen. „Parkraumbewirtschaftung ist nicht zum Geldverdienen da“, sagt Huß. „Deren Erträge müssen zweckgebunden in einen günstigeren und qualitätsvollen ÖPNV gesteckt werden. Das wäre dann ein attraktives Angebot für alle.“
Vorbild ist die Stadt Wien. Diese hat vor sieben Jahren den Fokus radikal auf den ÖPNV gelenkt. Heute ist Wien die weltweit einzige Stadt mit mehr verkauften ÖPNV-Jahrestickets als angemeldeten Autos. „Das ist alles freiwillig passiert, ganz ohne Fahrverbote“, sagt Huß. „Wien zeigt uns: Der größte Feind der Verkehrswende ist die Ambitionslosigkeit der Politik.“ Huß verweist darauf, dass Grüne und CDU sämtliche Initiativen für einen günstigeren ÖPNV abgelehnt haben. „Die Worte von Grünen und CDU zur Verkehrswende sind immer groß, die Taten dagegen mikroskopisch“, sagt Huß. „Neben dem rückständigen Radwegenetz muss auch der ÖPNV radikal angegangen werden. Das geht nur mit qualitativen Verbindungen und niedrigen Preisen!“