Die Stickstoffdioxidbelastung ist in Darmstadt weiterhin sehr hoch. Die Messstation Hügelstraße zeigte 2017 einen Jahresdurchschnitt von 52,3 µg/m³ – erlaubt sind nur 40 µg/m³. Die Stadtregierung wirkt zunehmend hilflos. Deshalb hat die SPD-Fraktion heute auf einer Pressekonferenz einen ambitionierten Plan zur Förderung der Elektromobilität in Darmstadt vorgestellt. Dieser besteht aus den drei Säulen E-Infrastruktur, E-Fahrzeuge und E-Bikes und soll einen effektiven Beitrag zur Luftreinhaltung leisten. „Bei der Luftreinhaltung setzen wir auf den effektiven Einsatz neuester Technologie“, begründete der verkehrspolitische Sprecher, Tim Huß, das Konzept.
„Die Darmstädter Luft ist nach wie vor die schmutzigste in ganz Hessen“, sagte Huß. „Das liegt vor allem an der katastrophalen Luftreinhaltungspolitik der Stadt. Die große Neuerung im letzten Luftreinhalteplan war, die Ventilatoren im City-Tunnel umzudrehen. So soll der Dreck aus dem Tunnelmund herausgeblasen werden, an dem keine Messstation steht. Das ist hilflos, ideenlos und ambitionslos. Die Gesundheit der Bevölkerung wird nicht durch Tricksereien bei Messstationen verbessert, sondern durch eine effektive Reduzierung von Schadstoffemissionen. Dies gelingt am besten durch einen konsequenten Umstieg auf Elektromobilität. Mit unserem E-Mobility-Konzept preschen wir vor und setzen Maßstäbe für die Stadtregierung.“
Der Ausbau der Infrastruktur steht an erster Stelle. Hier muss die Stadt auf das Henne-Ei-Problem reagieren: Ohne E-Autos keine Ladestationen. Ohne Ladestationen keine E-Autos. „Wir wollen dort Lademöglichkeiten schaffen, wo bereits Stromkabel verlegt sind – nämlich an Straßenlaternen“, sagte Huß. „Laternenladepunkte sind wohnortnah, eignen sich zum Nachtladen und sind zehnmal günstiger als klassische Ladestationen. Wir wollen mindestens 100 Laternenladepunkte pro Jahr.“ Das würde 80.000 Euro kosten. 60 Prozent der Ladeinfrastruktur wird vom Bund gefördert. In einer Kooperation mit der Entega dürfte der Ausbau sogar profitabel sein. „Wir schlagen ein neues kommunales Geschäftsmodell vor: Die Restkosten sollen durch den Verkauf von Entega-Mobilstrom finanziert werden“, so Huß. Darüber hinaus will die SPD-Fraktion 15 Schnellladestation pro Jahr in Darmstadt bauen, um akute Bedarfe zu decken.
Die zweite Säule des E-Mobility-Konzepts betrifft die städtische Fahrzeugflotte, also die städtischen Busse, Dienstwagen und Carsharing-Autos. Auch hier sind die grün-schwarzen Ambitionen gering. „Mitten im Diesel-Skandal will die Stadt 2018 sogar nochmal neue Dieselbusse bestellen“, kritisierte Huß. „Für die 357 Autos des städtischen Fuhrparks gibt es überhaupt keine Elektrifizierungsziele. Auch die Carsharing-Flotte setzt umweltschädlich auf Verbrennungsmotoren.“ Die SPD fordert daher einen sofortigen Kaufstopp für Dieselfahrzeuge und will ab sofort ausschließlich Elektrovarianten bestellen. „Autos und Linienbusse sind nach sechs Jahren abgeschrieben“, erläuterte Huß. „Wenn wir heute anfangen, Umweltretter statt Umweltsünder zu kaufen, ist die städtische Fahrzeugflotte bis 2024 vollständig elektrifiziert.“ Die Mehrkosten von Fahrzeugen werden mit 40 Prozent, die von E-Bussen sogar mit 80 Prozent vom Bund gefördert. Die Unterhaltung von E-Autos ist nur halb so teuer.
Die dritte Säule betrifft die derzeit boomenden E-Bikes. „Wir wiederholen unsere alte Forderung, endlich Radboxen mit Schnellladefunktion aufzubauen“, sagte Huß. „Außerdem müssen E-Bikes ins Bikesharing-Angebot integriert und intelligent mit anderen Verkehrsträgern vernetzt werden. So können Menschen maximal mobil sein.“
Die SPD-Fraktion betonte, dass ihr E-Mobility-Konzept der bisher größte Baustein der städtischen Luftreinhaltungspolitik sei. Allerdings müssten weitere Bausteine folgen und auch die Verkehrswende müsse fokussiert werden. „E-Autos halten die Stadtluft sauber und sind selbst beim derzeitigen Strommix klimafreundlicher als herkömmliche Autos. Mit dem Ausbau Erneuerbarer Energien und dem Fortschritt in der Batterietechnik wird die Klimabilanz noch besser“, sagte Huß. „Gleichzeitig müssen wir die Radwege ausbauen und moderne Mobilitätskonzepte wie Ridesharing umsetzen. Grundsätzlich müssen wir offener gegenüber Innovationen sein.“ Denn Huß ist sich sicher: „Das Klima- und Luftproblem kann nur mit neuester Technologie gelöst werden!“