Trotz der inzwischen verschärften Schutzmaßnahmen sind die Sorgen der Arbeitnehmer*innen groß. Ein Grund: Nicht alle Arbeitgeber*innen setzen Schutzmaßnahmen konsequent um. Auch kostenfreie Schnelltests vor Ort sind nicht in jedem Betrieb möglich.
Viele Betriebe setzen zu einseitig auf verhaltensorientierte Maßnahmen bei den Beschäftigten, ohne die Arbeitsabläufe und die Arbeitsorganisation anzupassen. Oft werde die Einhaltung der Hygieneregeln, die Pflicht zum Maskentragen oder zum Abstandhalten angemahnt – bei den Leistungsanforderungen aber nicht berücksichtigt. Das Tragen einer Maske erschwert vor allem bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten das Atmen erheblich. Beim Tragen von FFP2/3 Masken fehlt häufig der Rahmen zur Einhaltung der Tragepausen (DGUV Regel 112 – 119).
Problematisch sei zudem die seit Jahren mangelhafte Umsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilungen körperlicher und psychischer Belastungen. „Durch die Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus und die veränderte Arbeitssituation ist für die Beschäftigten eine neue psychische Belastung entstanden – und zwar auch in Berufen, die vor Ausbruch der Pandemie keine besonderen Gesundheitsrisiken bargen“, so Andreas Trägler, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen der SPD Darmstadt/Darmstadt-Dieburg.
Besonders verbreitet ist zudem die Sorge vor einer Ansteckung bei Beschäftigten, die in ihrem Beruf regelmäßig engen Kontakt zu anderen Menschen haben und deshalb selbst bei guten Arbeitsschutzmaßnahmen besonders exponiert sind. Dies betrifft vor allem systemrelevante Bereiche wie Erziehung, Soziales und Gesundheit. Doch auch im Verkauf, Produktion und Fertigung sind die Sorgen groß.
„Viele Arbeitgeber haben schnell und vorbildlich auf die neue Lage reagiert – aber leider ist das noch nicht überall der Fall. Das führt bei den Beschäftigten verständlicherweise zu Frust und kann das Vertrauensverhältnis im Betrieb dauerhaft beschädigen“, so Sebastian Cramer, stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen der SPD Darmstadt/Darmstadt-Dieburg. „Ein entscheidender Faktor ist jedoch nach wie vor, wie weitreichend die Corona-Arbeitsschutzmaßnahmen sind und wie konsequent sie im Betrieb umgesetzt werden“.
Die Mindestanforderungen für den Arbeitsschutz sind in der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel enthalten, die seit August 2020 für alle Betriebe in Deutschland verbindlich ist. „Bei der konkreten Planung und Umsetzung im Betrieb sollen die Beschäftigten unbedingt eng eingebunden werden“, raten Andreas Trägler und Sebastian Cramer. Dies schaffe die Voraussetzungen für gute Lösungen, die von allen Betroffenen mitgetragen werden.
Genauso wichtig sind laut Trägler effektive Arbeitsschutzkontrollen besonders in den vielen kleineren Betrieben. Dass die Arbeitsschutzaufsicht in Deutschland personell sehr dünn aufgestellt ist, räche sich insbesondere in der Corona-Pandemie.